„(…) müssten wir neu verhandeln“, sagt der Migrationsforscher und Kulturwissenschaftler Özkan Ezli in diesem schönen Gespräch über den „Burkini“ und die damit verbundenen Herausforderungen für europäische Gesellschaften. (mehr …)

Die schönsten Bücher schenkt mir meine Tochter. Dieses Jahr hat sie „Gehat hob ikh a Heym, Am Herzen Europas 1, Zeitgenössische jiddische Lyrik“ für mich unter den Weihnachtsbaum gelegt. Ich bin immer noch überrascht, auch über mich selbst, wie sehr sie mit dieser – an und für sich unwahrscheinlichen – Wahl einen Nerv getroffen hat. Gleich mehrere Nerven, um genau zu sein:
(mehr …)Wohin man dieser Tage seine Augen und Ohren auch wenden mag, schaut und tönt einem „Angst“ entgegen. Das mag, warum nicht, sogar „berechtigt“ sein, in diesen unseren doch recht unruhigen Zeiten, im vielfachen Sinne gar (interessant aber doch, dass z. B. die Angststürme im Zuge der Bankenkrise bzw. der Banken-Rettung nicht annähernd so heftig übers Land tobten, obwohl doch jene Krise weitaus bedeutsamer und wohl auch bedrohlicher war als die aktuelle Flüchtlings“krise“. Verkehrte Welt. Ob’s vielleicht doch, in Wahrheit, um etwas anderes als „Angst“ geht, im Moment?!). Angst ist ja übrigens auch ein Zeichen der Vernunft, sie bringt Menschen dazu, vorsichtig und bedachtsam zu handeln, wenn die Situation unklar oder unübersichtlich ist. Also ein eher intelligentes Gefühl, die Angst. (mehr …)
Man stelle sich einmal vor:
„Der Kölner Kardinal Woelki lässt am Freitagabend von den Kirchtürmen seiner Diözese die Glocken tönen; für jeden toten Flüchtling im Mittelmeer ein Schlag – als Mahnung, als Zeichen, als Aufforderung an die Politiker, „einen legalen Weg für Flüchtlinge nach Europa“ zu schaffen“.
Ja, es wäre SEHR spannend, heute schon zu wissen, was die Geschichtsbücher dereinst, in zwei- oder drei- oder vierhundert Jahren, über die Geschehnisse unsere Tage erzählen werden, was die Studenten diskutieren, und was die Professoren lehren werden. Ich fürchte, das Bild, das wir als „zivilisierte“ Gesellschaft abgeben werden, ist nicht das Beste: Wie wird beispielsweise die Tatsache erzählt werden, dass viele, viele Tausende Menschen armselige, unwürdige und einsame Tode sterben mussten, im Mittelmeer und vor den Toren des (reichen!) Europa, bevor dieses Europa – seine höheren und höchsten Chargen – sich dazu herab ließ, einmal aufzuschauen, und kurz hinzusehen?
Ich habe mich mal wieder heftig geschämt, gestern, bei den Abend-Nachrichten, als der Herr Stocker (war er es? ich kenne diese Leute nicht so gut) erzählte, wie das Krankenhaus (!) der richtige Ort sei, um Einwanderer, jene ohne Papiere und also ohne „Status“, zur Anzeige zu bringen.
Es ist unerträglich. Dass sich „Politiker“ wie der „Herr“ Pius Leitner (ja, die Anführungszeichen um den Herrn sind bewusst gesetzt, denn ein Herr ist ein Herr, und Pius Leitner ist keiner) und sein Gefolge sich nicht schämen, als Christen, als die sie sich so gern unter die Leute und das Wahlvolk bringen, laut und öffentlich anzuklagen, dass die Kosten für eine sanitäre Erst- und Grundversorgung jener armen Teufel, die aus ihren Heimatländern flüchten (müssen), 100.000 Euro pro Jahr übersteigen. Ich muss aber auch sagen, dass es mich überrascht, zu sehen, welche Aufmerksamkeit diesen und ähnlichen Un-Sagern dieser und ähnlicher Un-Politiker gewidmet wird, von den „großen“ heimatlichen Medien, und wie die keineswegs versuchen, die falschen Töne solcher Statements herauszustreichen. Aber so geht’s wohl, das Stimmung Meinung machen. (mehr …)
Eine Szene in dem ARTE-Film „Endstation Sonderflug“, den ich hier herein verlinkt habe, hat mir eine Episode aus meinen jüngeren Jahren in Erinnerung gerufen, und ihr eine neue Bedeutung gegeben, aber vielleicht habe ich ihre Bedeutung ja auch erst jetzt vollumfänglich, wie das so schön heißt, erfasst. Es ist lange her, ich muss Anfang 20 gewesen sein und hatte – über eine Anzeige im Tagblatt der Südtiroler, ja wirklich – auf einem Schiff angeheuert, als Receptionistin. Wir hier, wir Südtiroler, hatten ja damals in internationalen und vor allem touristischen Belangen einen gewissen Bonus und Marktvorteil, anderen, nichtsüdtirolerischen Bewerberinnen gegenüber. Ich glaube aber, dieser Bonus hat in diesen letzten Jahren und Jahrzehnten ein bisschen an Bedeutung verloren, aber vielleicht haben ja auch nur die Mitbewerber aufgerüstet. (mehr …)
Ein Satz in diesem
AfD: Mit Fremdenfeindlichkeit nach Europa und zurück | ZEIT ONLINE
schönen Zeit-Text hat eine Gedankenkette in Gang gesetzt in meinen verwinkelten Gehirngängen und ein paar Fragen ausgelöst, in Sachen Migration und allem, was damit zusammenhängt. Es hängt ja wirklich sehr viel damit zusammen, unter anderem die Frage (eine Frage für Fortgeschrittene, wenn wir so wollen), ob Migranten denn eine Doppelstaatsbürgerschaft bzw. ein Doppelpass zustehen soll. Dieses Thema des Doppelpasses ist ja auch bei uns Südtirolern virulent (im vielfachen Sinne), obwohl wir ja nun wahrhaftig und schon längst keine Migranten mehr sind, keine Armutsmigranten zumal. Wir Südtiroler wandern höchstens aus, weil uns in unserer reichen Provinz langweilig ist oder der (gehobene) Arbeitsmarkt nichts Passendes zu bieten hat oder wir glauben, in einem anderen Land denn jenem, wo die Zitronen blühen, besser daheim bzw. aufgehoben zu sein.
À propos Arbeit: Ich glaube, von freiheitlicher Seite einmal gehört zu haben, wir sollten doch nur „qualifizierte“ Menschen ins Land lassen. Das klingt sehr schön, und ganz schön anspruchsvoll, wobei ich jetzt allerdings nicht weiß, ob man sich bei freiheitlich auch schon gefragt hat, was wir diesen qualifizierten Migranten eigentlich zu bieten haben, in Sachen Jobs. Ich denke halt, dass beispielsweise Ingenieure oder IT-Spezialisten aus Indien vermutlich kaum Lust haben werden, unsere Äpfel zu klauben, unsere Touristen zu bedienen oder unsere alten und kranken Menschen zu pflegen. Vielleicht sollten wir also erst Mal unsere Stuben ein bisschen aufhübschen, bevor wir wählerisch werden.
Jedenfalls habe ich mir, ausgehend von der Frage nach dem Doppelpass, überlegt, dass es doch vielleicht überhaupt interessanter und klüger und langfristig eh viel wirksamer wäre, wenn wir alle zusammen aufhören würden, immer erst ins eigene Sackl zu wirtschaften und daran, dass es Hauptsache uns gut geht, möglichst am besten und jedenfalls besser als allen anderen. Dann würden z. B. alle Regionen in Italien fest zusammenhalten und so tun, als seien sie zwar nicht alle dieselben, aber als hätten sie alle dasselbe Ziel, nämlich die Angleichung des Lebensstandards und natürlich auch der – zum Beispiel – Sozial-, Gesundheits- und überhaupt Leistungen der Gemeinschaft an die Gemeinschaft. Dasselbe Prinzip könnten wir uns dann auch gleich für ganz Europa und bald danach für die ganze Welt denken, und schon wären alle (Migrations-)Probleme gelöst und die Welt ein friedlich-freundliches Osterfest.
Unmittelbar könnte das vielleicht so ausschauen, als ginge derlei zu Lasten der Reichen und zugunsten der „Faulen“. Dem ist aber natürlich keineswegs so, weil – wir sehen es ja eh – auf längere Sicht die Rechnung der Reichen, sie könnten sich endlos auf Kosten der Armen und immer weiter bereichern, eh nicht aufgeht. Früher oder später stehen die Armen vor unserer Tür, anders kann es gar nicht sein, und welche Christen wollten es wagen, sie zu verjagen. Wir könnten doch also auch gleich Nägel mit Köpfen machen, und „Globalisierung“ ganzheitlich angehen.
Dann wäre es übrigens auch völlig egal, woher die Migranten kommen (es würden ja sowieso kaum noch welche kommen, außer wahrscheinlich solche, die [wie wir Südtiroler, siehe weiter oben, auswandern, weil ihnen zuhause langweilig ist]) – , und wohin sie gehen, sie könnten also z. B. genauso gut in Sizilien bleiben, wie sie nach Skandinavien gehen könnten, und sie könnten diese Entscheidung schlicht davon abhängig machen, wo es ihnen besser gefällt, weil im Süden wie im Norden und im Osten wie im Westen überall die gleichen sozialen und überhaupt Standards herrschen. Und das sog. Sozialschmarotzertum, das gar manchen unter uns arge Kopfschmerzen bereitet, wäre auch ausgerottet und Schmarrn von gestern.
Und so banale Dinge wie Einzel- oder Doppelstaatsbürgerschaft, wen würden die noch kümmern.
Menschen wandern, Menschen wandern ein, Menschen wandern aus. Das war schon immer so, und es wird wohl auch immer so bleiben. Auch wir Südtiroler könn(t)en ein (so genanntes) Lied davon singen, wenn wir denn wollten, über Auswanderung vor allen Dingen. Denn es ist noch gar nicht lange her, dass unsere eigenen Ahnen ihre Heimat verlassen mussten, weil es hier kein Auskommen gab, für sie nicht und für ihre Familie(n) nicht. Viele der Unseren wanderten aus, in die fernsten Länder, andere „nur“ über die Grenze, manche wanderten mit ihrer Handelsware monatelang durch aller Herren Länder, bevor sie wieder heimkehrten. (mehr …)
Ein Gespenst geistert durch unser Land, und das Gespenst heißt „Volkstumspolitik“. Die Chefpartei musste kräftig Federn lassen – schon seit bald zehn Jahren, habe ich mir sagen lassen, hatte sie den Rückwärtsgang eingelegt, aber diesen Herbst tat’s wohl erstmals *richtig* weh – und das, so wird gemunkelt und vermutet, liege in erster Linie daran, dass man bei der großen Sammelpartei aller deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler die Volkstumspolitik vernachlässigt und den entsprechenden Wählerpool den anderen deutschsprachigen Parteien überlassen habe. Das ist erst der Anfang, hier geht’s weiter