Ich musste bremsen, weil die Straße zu schmal war für den Bus und für mich. Für eine Nonne hatte der Bus an dieser engen Stelle angehalten, eine Frau im schwarzen Habit, das sagte, wer mich trägt, bewegt sich bloß in dieser Welt, gehört nicht dazu. Auf der anderen – meiner – Straßenseite stand, ein wenig verdeckt von einem mächtigen Baumstamm, eine zweite Nonne, auch sie im dunklen Entsagungskleid, und wartete. Sie standen da, die eine hinter der großen Frontscheibe im Bus und die andere hinter dem Baum, in ihren schwarzen Kleidern, und ich, ich dachte mir, was mag wohl eine Nonne in ihrem schwarzen Kleid dazu bringen, an einem Mittwoch Morgen um halbzehn zur Bushaltestelle zu gehen, und dort auf eine andere Nonne warten. Vielleicht freut sie sich, habe ich mir gedacht, auf die, die ankommt, auf eine andere in einem einsamen schwarzen Kleid. (mehr …)
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À propos
Ein Satz in diesem
AfD: Mit Fremdenfeindlichkeit nach Europa und zurück | ZEIT ONLINE
schönen Zeit-Text hat eine Gedankenkette in Gang gesetzt in meinen verwinkelten Gehirngängen und ein paar Fragen ausgelöst, in Sachen Migration und allem, was damit zusammenhängt. Es hängt ja wirklich sehr viel damit zusammen, unter anderem die Frage (eine Frage für Fortgeschrittene, wenn wir so wollen), ob Migranten denn eine Doppelstaatsbürgerschaft bzw. ein Doppelpass zustehen soll. Dieses Thema des Doppelpasses ist ja auch bei uns Südtirolern virulent (im vielfachen Sinne), obwohl wir ja nun wahrhaftig und schon längst keine Migranten mehr sind, keine Armutsmigranten zumal. Wir Südtiroler wandern höchstens aus, weil uns in unserer reichen Provinz langweilig ist oder der (gehobene) Arbeitsmarkt nichts Passendes zu bieten hat oder wir glauben, in einem anderen Land denn jenem, wo die Zitronen blühen, besser daheim bzw. aufgehoben zu sein.
À propos Arbeit: Ich glaube, von freiheitlicher Seite einmal gehört zu haben, wir sollten doch nur „qualifizierte“ Menschen ins Land lassen. Das klingt sehr schön, und ganz schön anspruchsvoll, wobei ich jetzt allerdings nicht weiß, ob man sich bei freiheitlich auch schon gefragt hat, was wir diesen qualifizierten Migranten eigentlich zu bieten haben, in Sachen Jobs. Ich denke halt, dass beispielsweise Ingenieure oder IT-Spezialisten aus Indien vermutlich kaum Lust haben werden, unsere Äpfel zu klauben, unsere Touristen zu bedienen oder unsere alten und kranken Menschen zu pflegen. Vielleicht sollten wir also erst Mal unsere Stuben ein bisschen aufhübschen, bevor wir wählerisch werden.
Jedenfalls habe ich mir, ausgehend von der Frage nach dem Doppelpass, überlegt, dass es doch vielleicht überhaupt interessanter und klüger und langfristig eh viel wirksamer wäre, wenn wir alle zusammen aufhören würden, immer erst ins eigene Sackl zu wirtschaften und daran, dass es Hauptsache uns gut geht, möglichst am besten und jedenfalls besser als allen anderen. Dann würden z. B. alle Regionen in Italien fest zusammenhalten und so tun, als seien sie zwar nicht alle dieselben, aber als hätten sie alle dasselbe Ziel, nämlich die Angleichung des Lebensstandards und natürlich auch der – zum Beispiel – Sozial-, Gesundheits- und überhaupt Leistungen der Gemeinschaft an die Gemeinschaft. Dasselbe Prinzip könnten wir uns dann auch gleich für ganz Europa und bald danach für die ganze Welt denken, und schon wären alle (Migrations-)Probleme gelöst und die Welt ein friedlich-freundliches Osterfest.
Unmittelbar könnte das vielleicht so ausschauen, als ginge derlei zu Lasten der Reichen und zugunsten der „Faulen“. Dem ist aber natürlich keineswegs so, weil – wir sehen es ja eh – auf längere Sicht die Rechnung der Reichen, sie könnten sich endlos auf Kosten der Armen und immer weiter bereichern, eh nicht aufgeht. Früher oder später stehen die Armen vor unserer Tür, anders kann es gar nicht sein, und welche Christen wollten es wagen, sie zu verjagen. Wir könnten doch also auch gleich Nägel mit Köpfen machen, und „Globalisierung“ ganzheitlich angehen.
Dann wäre es übrigens auch völlig egal, woher die Migranten kommen (es würden ja sowieso kaum noch welche kommen, außer wahrscheinlich solche, die [wie wir Südtiroler, siehe weiter oben, auswandern, weil ihnen zuhause langweilig ist]) – , und wohin sie gehen, sie könnten also z. B. genauso gut in Sizilien bleiben, wie sie nach Skandinavien gehen könnten, und sie könnten diese Entscheidung schlicht davon abhängig machen, wo es ihnen besser gefällt, weil im Süden wie im Norden und im Osten wie im Westen überall die gleichen sozialen und überhaupt Standards herrschen. Und das sog. Sozialschmarotzertum, das gar manchen unter uns arge Kopfschmerzen bereitet, wäre auch ausgerottet und Schmarrn von gestern.
Und so banale Dinge wie Einzel- oder Doppelstaatsbürgerschaft, wen würden die noch kümmern.
Charity
Neulich blätterte ich, vermutlich beim Haareschneiden, in einem dieser schönen Mode-Magazine, Vogue nennt es sich und ist berühmt für die schön(st)en Fotostrecken. Irgendwie blieb mein Blick an einer kleinen Nachricht hängen, oder vielleicht doch eher am Foto eines Stoff-Püppchens, ganz im roten Spitzendress, from top to toes ínklusive Ohrgeschmeide und goldenem Diadem.
Das hübsche Ding stammt aus dem Hause Dolce & Gabbana, erfuhr ich aus dem Begleittext, und kann ersteigert werden, in Paris und zugunsten von Kindern in Darfur, via UNICEF.
Nun bin ich sehr dafür, Kindern in Darfur, aber auch allen anderen Kindern zu helfen, wo und wie es nur geht und ich glaube auch, dass manchmal der Zweck die Mittel heiligt. In diesem besonderen Falle aber will der Knoten aus meinem Hals einfach nicht verschwinden, und eine Frage hört nicht auf, mich zu quälen:
Ist es nicht möglicherweise einfach nur über die Maßen zynisch, mit einem kostbaren Designer-Püppchen Geld zu sammeln für hungernde Kinder?