Die Macht der Geschichte(n)

„Es ist eine in der Wissenschaft bekannte Tatsache, dass Volkskörper imstande sind, die Überzeugungen, Gedanken und sogar körperlichen Reaktionen ihrer Mitglieder zu manipulieren. Du hörst eine bestimmte Geschichte immer wieder, und ehe du dich’s versiehst, hast du die ganze Handlung internalisiert. Von dem Moment an ist es nicht mehr die Geschichte von jemand anderem. Es ist nicht einmal mehr eine Geschichte, sondern Realität, deine Realität.“ (mehr …)

„Nationalismus hat viele Masken“

Ich habe keine Ahnung, warum ich gestern diesen Text auf www.zeit.de geöffnet habe, im Gegensatz zu vielen anderen, die sich mit den Nachwehen der Europawahl beschäftigen. Tatsache ist aber, dass ich mit nichts Besonderem gerechnet hatte, am allerwenigsten damit, dass er mein übles Bauchgrimmen in Sachen Separation, Sezession und allem, was damit zusammen hängt, rechtfertigen würde. (mehr …)

Grenzenlos (am Beispiel „Europaregion Dolomiten“)

Es war ein Kommentar, ich kann ihn leider nicht wiederfinden, eines Users unter einem Text, den ich leider auch nicht wiederfinden kann, der die Sache mit den „Fließenden Grenzen“ in meinem Kopf in Bewegung setzte. Ich erinnere mich, dass der Kommentator ein wenig verbittert und sehr frustriert, so schien es mir, davon berichtete, dass ja schließlich (ich glaube) fast 75 Prozent der Dolomiten, mit denen Südtirol sich international brüstet und hervortun will, zu Belluno gehören, dass aber just dieses Belluno von Südtirol mehr oder minder gesnobt wird. (mehr …)

Von Schaumschlägern

Das ist jetzt mal wieder interessant. Schottland, das schon nächstes Jahr unabhängig werden will von der britischen Krone, ist ja immer eines der Lieblingsargumente unserer „Freiheit-für-Südtirol“-Rufer, wenn es darum geht, möglichst vielen von uns eine Loslösung von Italien schmackhaft und dazu glaubhaft zu machen, dass eine solche durchaus möglich wäre. Was die Schotten können, meint z. B. die Süd-Tiroler Freiheit, das kann Südtirol schon lange. (mehr …)

Austausch

Da hat mich doch heute ein Herr ausgerufen, ich weiß nicht (mehr), wie er hieß und auch nicht, wo er lebt. Jedenfalls lag ihm mein heutiger Beitrag auf Salto.bz (http://http://www.salto.bz/de/article/03092013/jetzt-aber-los-bloss-wohin) scheinbar so schwer auf dem Magen, dass er sich ein Herz gefasst, meine Nummer aus dem Netz gefischt und mich angerufen hat… um mir zu berichten, dass er sehr für eine Ablösung Südtirols von Italien sei und meinen Beitrag nicht wirklich goutiert habe.

Ja, doch, ich habe mich sehr gefreut über diesen Anruf – ich tausche mich besonders gern mit Menschen aus, die nicht meiner Meinung sind, da kann man am meisten lernen, finde ich. Wir haben sehr lange gesprochen, der Herr und ich, und doch ist es am Ende keinem von uns beiden gelungen, die jeweils andere von der eigenen Position zu überzeugen. Aber das macht auch nichts – dafür ist noch Zeit, denn wir beide, der unbekannte Anrufer und ich, haben uns derweil darauf geeinigt, dass alle drei Sprachgruppen sich an einen Tisch setzen und gemeinsam darüber sprechen werden müssen, was wir – alle gemeinsam – wollen und wo wir – alle gemeinsam – hin wollen.

Wie gesagt, ja, ich habe mich sehr gefreut über dieses Gespräch.

Mitspracherecht? Bei SVP??

Die Menschen wollen mitreden“ titelte „Südtirol News“ am 29.8. Im Artikel wird recht euphorisch von den SVP-Programmdiskussionen, dieses Mal in Meran, berichtet, bei der das Südtiroler Volk mitreden könne und mitarbeiten wolle.

Denn, so will man sein Volk glauben machen, SVP macht’s möglich, nicht nur dank Runderneuerung, zu verdanken gefühlten zwei oder drei „Neuen“ in der alten Partei, sondern auch mithilfe des roten Wunschbuches, eins pro Landtagskandidat, mit viel Platz für die Wünsche und Ideen der Bevölkerung. Wenn das bloß gut geht, denke ich mir, all die vielen Wünsche in all den roten Büchern. Doch damit nicht genug der Wunscherfüllung und der Mitsprache – nein, die verjüngte und runderneuerte SVP geht noch weiter und lässt doch glatt ihr Wahlvolk am Wahlprogramm mitschreiben: „Das Ergebnis der Programmdiskussion soll ein Wahlprogramm sein, an dem ‚Südtirol‘ mitgeschrieben hat“, unterstrich SVP-Landeshauptmann-Kandidat Arno Kompatscher laut „Südtirol News“, und weiter, „die Menschen haben die Möglichkeit mitzureden (…)“. Und das Volk jubelt dazu.

Derweil: Mitreden? Das Volk? Bei SVP? War da nicht mal was? In Sachen Direkte Demokratie? Und war’s nicht gerade die SVP, die sich nach allen nur denkbaren Richtungen gedreht und gewendet hat, um bloß die Direkte Demokratie = Mitspracherecht der Bevölkerung zu verhindern und sogar ein Staatsgesetz zu verwässern bzw. es nach den eigenen Vorstellungen zurecht zu biegen – damit ja bloß die Bevölkerung der Regierungs-SVP nicht dreinreden könne?

Aber dann vor den Wahlen hergehen und mit dem Mitbestimmungsfähnlein winken. Also wirklich.

Ja, das Ganze hat einen recht bitteren Bei- und Nachgeschmack. Und dazu kommt jetzt auch noch die Brixner Geschichte mit Herrn Vontavon, die NSTZ Online berichtete gestern über „Willy im Fettnapf“.  In dieser Story geht es darum, dass Herr Vontavon die Eisacktaler Landtagskandidaten zu einer Vorstellungsrunde nach Brixen geladen hatte – und kurzerhand auch Völs zum Bezirk Eisacktal dazu nahm, weil der SVP-Strahlemann Arno Kompatscher dort zuhause ist. Tja, schade, dass Herr Vontavon nicht ein bisschen weiter gedacht hat als bis unmittelbar zu seinem bzw. seiner Partei ureigenstem Interesse, denn dann hätte er zumindest versucht, den Schein zu wahren, und auch die Kastelruther (allerdings: für Grüne Verdi Vërc 😀 ) Landtagskandidatin eingeladen. Aber bei SVP hat man ja scheinbar schon solch schwindelnde Höhen erklommen, dass man nicht einmal mehr „so tun muss als ob“ man versuchen wolle, zumindest den Schein zu wahren. Aber das ist es ja,  was die SVP und ihren Hofstaat letztendlich charakterisiert und auszeichnet: Es gibt immer einen „Grund“, für die „Eigenen“ oder die eigene Sache eine Ausnahme zu machen. Ich finde das ziemlich grenzwertig – auch, dass niemand etwas sagt, weil’s um den neuen Stern am engen Horizont geht. Was für ein Hype!

Ach ja, wenn wir großzügig sein und diesen Fauxpax des Vontavon-Bücklings vor Kompatscher als Fettnäpfchen eines unbedarften Übereifrigen zur Seite stellen wollten, dann bliebe immer noch Arno Kompatscher. Als Gemeindenpräsident und vermutlich künftiger Landeshauptmann dürfte ihm bekannt sein, dass sein Heimatdorf keineswegs zum Bezirk Eisacktal gehört. Und also gäb’s für ihn, der Fairness und Korrektheit halber, in dieser Sache nur einen Weg: Seine Teilnahme an der Veranstaltung abzusagen.

Eine weitere, verpasste Chance, dem schönen Image, das man ihm auferlegt und übergestülpt hat, gerecht zu werden. Schade.

Übrigens: Wer wirklich mitreden und mitgestalten will, der hat noch bis 13. September Zeit, bei seiner Gemeinde zwei (!!) Unterschrfiten zu leisten. Hier gibt’s mehr Info: „Direkte Demokratie Volksbegehren“

 

Nachtrag – Eilmeldung 🙂 : TZ Online schreibt um 11.08 Uhr: Spitzenkandidat Kompatscher kündigt eine „neue Art der Politik” an. „Wir begrüßen die Instrumente der Direkten Demokratie als Ergänzung der Direkten Demokratie = Ergänzung der parlamentarischen Entscheidungsfindung.” Na, wenn das so ist – umso mehr: Nichts wie hin zur Unterschrift (waren die Herren von SVP schon alle da?!)