Mag sein, ich bin übermäßig empfindlich auf diesem Ohr; mag sogar sein, ich habe das eine oder andere Vorurteil; mag sein, ich sehe Gespenster und mag sein, nicht zuletzt, ich bin ein bisschen überbesorgt.
Jedoch: Da draußen, in der weiten Welt hinter unseren engen Bergen, wollen zwei „rechtspopulistische“ Parteien künftig gemeinsame Sache machen, gegen Europa, gegen die Einwanderer und überhaupt: Gegen so ziemlich alles, was anders ist, und sei es nur ein bisschen. Dieser Umstand wird allgemein reichlich gelassen aufgenommen – viel zu gelassen, für meinen Geschmack.
Natürlich war absehbar, dass solche und ähnliche Schreckensmeldungen (für mich, wie gesagt) über rechtsnationalistische Bündnisse, die sich in Europa kraftvoller positionieren wollen um kraftvoller wirken zu können, auch südtirolzentriert durch den Äther rauschen. Frau Ulli Mair, so heißt es heute in der Tageszeitung, denkt gar sehr an ihren Einzug in dieses große neue Bündnis (von dem sich andere Parteien, z. B. die eurokritische deutsche AfD zügigst distanziert haben) und ihrem Auszug nach Brüssel, zu welchem Zwecke ein Schulterschluss mit einer nationalen (!) Partei nötig sein wird, sagt Frau Mair. Sie werde darüber noch mit der FPÖ sprechen, sagt Frau Mair weiter, anlehnen würde sie sich gegebenenfalls aber wohl an die Lega Nord müssen. Da schau an, die (Südtiroler) Freiheitlichen, die alles wollen, nur von Italien nichts wissen, Hand in Hand mit der Lega Nord gegen Europa. 1. Wenn Das Kein Opportunismus ist. 2. Das Wird Was Werden.
Dann würde Südtirol im fernen Europa also von Menschen vertreten, die Dinge sagen wie „Weg mit dem Bettlergesindel“, die am liebsten eigene Ghetto-Schulklassen für Migrantenkinder einrichten würden (wenn wir diese Ungläubigen schon dulden müssen in den eigenen Reihen…), die „Integration“ mit „Gleichschaltung“ verwechseln und die grundsätzlich Menschen nach Rasse, Klasse, Religion, Nützlichkeit und Hautfarbe in verschiedene Schachteln stecken. „Gut“ und „duldbar“ sind bei ihnen und im bestmöglichen Fall die, die uns materiellen Nutzen bringen. Bei allen anderen, dem übrigen Gesindel gewissermaßen, heißt’s hingegen: Weg damit. Schöne Welt, böse Leut.
Aber bitte, die Welt ist schön weil sie bunt ist und also mögen diese politischen Richtungen, solche und ähnliche Trends und Bewegungen vielleicht sogar eine gewisse Berechtigung haben. Allerdings: Wenn diese menschenverachtenden, kleingeistigen und kleinmütigen Umtriebe und Umtreiber mehr werden als eine Randerscheinung in der politischen Landschaft, dann ist Sorge durchaus angebracht, meine ich. Die ist aber nicht minder angebracht gegenüber der Tatsache, dass KeineR was sagt, gegen die verbalen und anderen Ausfälle dieser so genannten „Rechtspopulisten“. Im Gegenteil – die, die was sagen könnten und wohl auch müssten, um dieser beängstigenden Strömung Herr zu werden, ducken sich weg und reagieren, wenn überhaupt, eher schwachbrüstig, wie z. B. in dieser Runde hier ganz wunderbar zu beobachten (ab ca. Minute 31:49).
Ja, ich finde es schon sehr bedrückend, wie sich die, die sich diesem Trend in Richtung „Wir gegen die anderen“ entgegen stellen und entgegen setzen sollten, von dessen Einpeitschern und deren Gefolge vor sich her und in deren Richtung treiben lassen: Denn es dürfte noch niemandem gelungen sein, einen Strom aufzuhalten, indem er mit ihm schwimmt, und sei es nur ein bisschen. Insofern überrascht es mich doch, dass unsere zwar angeschlagene, aber immer noch mächtigste Partei „wieder verstärkt Volkstumspolitik“ betreiben soll, und das auch will. Was ist das, übrigens, „Volkstumspolitik“? Mir sein mir? Lederhosen und Dirndl? Nabel- und Rückwärtsschau? Südtirol, wie es einst war – und immer bleiben soll? Ich kann mir unter Volkstumspolitik nichts vorstellen, was sich nicht sehr eng, sehr knapp gestrickt und sehr wenig sexy anfühlt, was soll ich sagen. In dieser Optik und in diesem düsteren Rahmen ist dann wohl auch der jüngste Auftritt der Frau Stocker im Lodenjankerl bei der Sendung Pro & Contra unseres RAI Senders Bozen zu verstehen, in der sie mit geballter Faust und Vehemenz darauf bestand, dass man bei SVP und den „besseren, den richtigen Patriotismus“ praktiziere, und nicht bei anderen Südtiroler Parteien oder Vereinigungen.
So weit sind wir also schon gesunken, dass wir uns darüber streiten, wer denn nun den besseren Patriotismus pflege. Mir schwant nichts wirklich Gutes, in Sachen Zukunft.
Sehr geehrte Frau Silvia Rier. Stimme Ihnen voll zu, und befürchte ebenfalls nichts
Gutes, für die Zukunft den Fremdenhass betreffend, bei uns hier, und in ganz Europa. Eine Anmerkung erlaube ich mir noch, bezüglich Herrn Roland Lang, der im übrigen kein Freiheitlicher ist, sonder der Obmann des Heimatbundes. Und obwohl
ich ansonsten andere politische Ansichten habe als R. Lang, traf ich ihn schon zwei
Mal bei einer Antifa-Aktion gegen CasaPound! Lg. Freue mich immer auf ihre Beiträge.
Guten Morgen, Franz Waldner, vielen Dank für den Hinweis – jetzt wo Sie’s sagen, fällt’s mir natürlich ein, das war ja auch die Funktion, in der er bei Pro & Contra sprach, das war nachlässig von mir. Ich bitte Herrn Lang, falls er hier lesen sollte, um Entschuldigung. Für Sie einen schönen Tag!