Vom Scheinsieg der Quotengegner

Wusst ich’s doch – jetzt wird der „Triumph“ der Quotengegner auch verschriftlicht, ist somit offiziell, geschniegelt und besiegelt und kann in diesem Artikel auf www.salto.bz nachgelesen werden, inklusive Tabelle, aus der tatsächlich ersichtlich zu werden scheint, dass die Wähler der „Südtiroler Freiheit“ am frauenfreundlichsten entschieden haben; gleich anschließend stehen „Die Freiheitlichen“ auf dem Siegertreppchen derer, die die beste Frauenarbeit geleistet haben, und sogar ohne das zu wollen. Da schau an.

Unmittelbar springt in dieser Sache jedoch eine Auffälligkeit ins Auge: Beide Parteien haben über die Maßen starke und prominente Frontfrauen: Die Südtiroler Freiheit sowieso – ihr Herz, Kopf und Hand ist seit Menschengedenken Eva Klotz. Ganz so gut sind die Freiheitlichen nicht, aber immerhin haben auch sie in Ulli Mair eine überaus sichtbare, stets präsente Front- und sogar Partei-Obfrau, die im Übrigen – wenn ich das richtig in Erinnerung habe – aus Landtagswahlen auch noch als meistgewählte Frau hervorging („Miss Landtag“, darüber sollten wir auch nachdenken). In Sachen Ulli Mair wäre allenfalls interessant, zu erfahren, warum und wie sie sich auf ihren prominenten Posten vorarbeiten konnte (bei Eva Klotz erübrigt sich diese Frage), ich würde aber Ulli Mair eher bei den „Ausnahmen“ verorten als bei der Norm.

Alle anderen Parteien, die in dieser Rangliste weit abgeschlagen an drittervierterundsoweiternachunten Stelle liegen, sind klassisch männerdominiert, die eine mehr, die andere weniger.

Ich kann also in besagter „Statistik“ keineswegs ein Argument gegen die Quote erkennen, sondern akkurat das Gegenteil, nämlich so: Frauen werden (freiwillig) besser gewählt, wenn sie einen Status innehaben, der ihnen viel (politischen) Gestaltungsfreiraum lässt und aufgrund dessen sie übrigens auf Frauenpolitik im engeren Sinne verzichten können, was ihnen in der Wählergunst ja einen weiteren Vorteil verschafft. Denn das haben die Quotengegner (oder doch vielleicht Frauengegner?) ja wunderbar hinbekommen: „Quote“ und alles, was damit verbunden ist, zu einem Negativum, ja schon fast zum Schimpfwort zu machen (andere Quoten, wie z. B. unser Proporz, aber auch Jugend-, Bezirks- und Berufsgruppenquoten werden hingegen anstands- und klaglos akzeptiert). Es tut ja fast schon weh, zu beobachen, wie sogar erfolgreiche, selbstbewusste und souveräne Frauen ihre Stimme zurückfahren, um Worte ringen, ja fast schon herumdrucksen – wenn sie pro Quote sprechen (sollen). Als würden sie etwas Unrechtes tun, sagen, verlangen. Dabei ist das doch keineswegs so, sondern im Gegenteil „besetzen“ Männer Ränge und Positionen, die den Frauen zustehen, und sie tun das keineswegs, weil sie sich diese Positionen verdient hätten, sondern schlicht: Weil das immer so war, weil das so ist.

So ist es also besonders wichtig, dass wir lernen, das Instrument Quote souverän und selbstbewusst und als das zu nutzen, was es ist: Ein Mittel mit dem Zweck, in unserer Gesellschaft ein gutes und gerechtes Gleichgewicht herzustellen, zum Nutzen und zum Vorteil aller. Dazu aber werden wir erst – und das erzählen Eva Klotz und Ulli Mair bzw. die Zahlen in og. Tagelle sehr schön – in der Lage sein, wenn Frauen dort angekommen sind, wo sie die Macht haben, die Dinge auch wirklich zu verändern. Denn es ist doch offensichtlich: Wer keine Macht hat, kann nichts machen, umso weniger, wenn der eigenen, eh schon recht ohnmächtigen 30-Prozent-Masse eine 70-Prozent-Masse in Abwehrhaltung gegenübersteht. So lange also Frauen kaum je wirklich in Positionen sind, in denen sie selbstbewusst und souverän „weiblich“ und aus einem starken Fundament heraus werken und wirken können, so lange werden den anderen Frauen, denen, die lieber in der Bevölkerung bleiben und ihr eigenes Ding machen, die Vorbilder fehlen, die Zugpferde, die Motivatoren, die, die auch ohne „Zwang“ gut und überzeugt gewählt werden können, von Frauen und von Männern.

Und noch einmal: Es ist sehr schwer bis gar nicht vorstellbar – aber eigentlich sehen wir ja schon seit langem, dass es vielmehr gar nicht geht -, dass sich so etwas wie eine Politikerin in einer prominenten Machtstellung (*) in einer „alten“, schwerfälligen und wie gesagt traditionell fast ausschließlich männerdominierten Partei wie z. B. unserer SVP innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens (wenn überhaupt) bewerkstelligen ließe, ohne Quote.

Es gab ja übrigens auch und sogar bei SVP schon früher und immer mal wieder tüchtige, angesehene und anerkannte Politikerinnen. Was aber an der Gesamtsituation der Frauen auch nichts großartiges verändert hat und also einmal mehr beweist: Ohne Quote wird das nie was.

(*) Mir fällt auf, dass ich mich schwer tue, das Wort „Macht“ (nur in diesem Zusammenhang?) zu denken, zu schreiben, zu verwenden. Vielleicht, weil der Begriff dieser Tage oder überhaupt eher negativ besetzt ist, was – das allerdings jetzt sage ich ganz und gar leicht dahin – mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit auf ausschließlich männliches Machtgehabe mit den allseits bekannten Folgen zurückzuführen ist. Und auch deshalb ist es allerhöchste Zeit, dass „Frauen an die Macht“ kommen, nicht mit Gewalt, aber gern mit Quote – Hauptsache, es hilft – unter anderem -, dem Begriff „Macht“ (wieder) in (s)einem besseren Licht Bedeutung zu verschaffen: Macht kann machen, z. B die Dinge besser.

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