Was soll ich zu diesem #Aufschreier sagen? Keine Ahnung, aber spontan würde meinen Gehirnwindungen gern ein „dumme Gans die Ärmste“ entschlüpfen, ich tue mich schwer, es zurückzuhalten, aber so arg wird’s schon nicht sein, hoffe ich halt. Was soll das denn jetzt sein? Cool? Modern? Jung? Es ist nichts von alledem, natürlich nicht, es ist einfach nur traurig, und ein – ich vermute mal – Indiz dafür, dass das Leben der Autorin bisher sehr glatt und jedenfalls schnurgerade verlaufen ist, dass sie sich nie durchsetzen und behaupten musste, in jenem Teil der Welt, der nach wie vor von unseren männlichen Mit-Gesellschaftern geprägt bis bestimmt bis dominiert wird. Ich wünsche Dagmar Rosenfeld, dass das so bleiben möge. Vielleicht ist sie ja aber auch nur eine eher angepasste Persönlichkeit, eine, der es nichts ausmacht, sich zu fügen, und fremdbestimmt zu werden. Aber vielleicht merkt sie’s ja auch nur nicht. Für sie, die Journalistin, setze ich hier mal einen Link zu vielen ihrer Kolleginnen, der zwar ein bisschen off Topic ist, der Link, meine ich, aber sie doch sehr schön beschreibt, die Welt, in der auch Dagmar Rosenfeld sich bewegt, was ihr aber, wie gesagt, bisher auch (nur) entgangen sein könnte. Und nein, die Sprache allein wird an den Missverhältnissen nicht groß etwas ändern, aber sie kann helfen, denn jedenfalls besteht jedes große Ganze aus vielen kleinen Teilen.
Ich würde Frau Rosenfeld gern mal einladen, hierher nach Südtirol, für ein Weilchen, und sie ein bisschen schauen lassen, was es bedeutet, für einen Teil einer Gesellschaft, sprachlich übergangen zu werden und deshalb stofflich nicht zu existieren, was es heißt, für Menschen, durch Nicht-Nennung gewissermaßen negiert zu werden, nicht vorzukommen im Bewusstsein der Anderen, der Mehrheit und Übermacht.
Denn wir, wir hier in Südtirol, wir wissen – und sehr gut! -, was das bedeutet, nicht wahr, und so ist es einfach nur unglaubwürdig, aber auch zynisch (auch ein bisschen beängstigend, ja!), wenn just und jedenfalls ganz besonders aus dieser Ecke, also der Ecke, die auf deutschen Ortsnamen und was-sonst-noch-alles besteht und darauf drängt, die anderen auszulöschen, und sie wissen warum, warum sie darauf bestehen, wenn also just aus dieser Ecke die lautesten und die hämischsten Kommentare kommen, zu Binnen-I und „in“-Endungen und anderen Versuchen, Frauen auch sprachlich hinein zu holen in die Mitte der Gesellschaft.
Ich gestehe, ich mag das Binnen-I auch nicht besonders, an der „in“-Endung wüsste ich hingegen nicht, was es auszusetzen gäbe. Einerseits. Andererseits ist nicht auszuschließen, dass nach einer gewissen Gewöhnungsphase auch das Binnen-I nicht mehr stört (*). Mit dem tue ich mich selbst eher schwer, nicht nur, weil’s im Gesprochenen nicht so gut funktioniert – das Männliche soll ja nicht ausgeklammert, nicht wahr, sondern vielmehr das Weibliche hereingeholt werden, in das öffentliche Bewusstsein, so sehe ich das halt. Letzteres ist wichtig, und ich weiß gar nicht, was Männer, die ja zum größten Teil Frauen oder zumindest ihre Frauen meist schon doch lieben, dagegen haben können?! Jedenfalls, diese Notwendigkeit wird niemand bestreiten wollen, da können Dagmar Rosenfelds und ihresgleichen noch so aufschreien und kindisch-trotzig das generische Maskulinum verwenden, um zu beweisen – ja wem denn wohl? und was denn wohl? und warum? haben wir’s nötig, zu beweisen, irgendwas?! – dass sie, Frau Rosenfeld also, nicht zu den „Alice-Schwarzer-Opfer-Feministinnen“ gehört. Arme Frau Rosenfeld.
Wie gesagt, über die Notwendigkeit, auch die weibliche Hälfte der Welt auch sprachlich gewissermaßen aus dem Nichts erstehen zu lassen und anzuerkennen, ist nicht zu diskutieren. Über die Form allerdings, über das Wie, darüber kann gern geredet werden. Es tut gut, und es macht Hoffnung, zu sehen, dass es durchaus auch von männlicher Seite durchaus konstruktive Ansätze gibt – Beispiel folgt auf dem Fuße.
Ich hatte ja früher schon mal gesagt, in einem Beitrag auf Salto.bz oder einem Kommentar, ich habe jetzt nicht die Zeit, das rauszusuchen, vielleicht reiche ich’s nach, dass ich persönlich einen Weg vorzöge – ich versuche, das zu praktizieren – bei dem, gänzlich undogmatisch und gern spielerisch, denn Sprache darf auch Freude machen, die weibliche und die männliche Form locker durchmischt werden. Wie sich’s halt grad ergibt, und wie’s die Sprecherin/der Schreiber für am besten hält. Ich durfte letzthin beobachten, dass ein User auf Salto.bz – er firmiert mit A. Mutand Mutschlechner – in seinen Texten und jedenfalls in seinen Kommentaren ähnlich vorgeht, und ich habe auch festgestellt, dass es funktioniert, dass quasi die Frau in der Bürgerin ersteht, aber keineswegs im Bürger, und dass der Bürger in der Bürgerin zwar theoretisch enthalten wäre, er sich deswegen aber praktisch noch lange nicht vor das geistige Auge der Leserin schiebt.
Wie armselig ist dagegen doch der kleinkarierte und – ich ahne – anbiedernde Rückschritt der Frau Rosenfeld zum generischen Maskulinum.
Wie dringend nötig und wie sinnvoll es ist, beide Geschlechter und möglichst gleichermaßen zu erwähnen, zeigen m. E. auch die neuen Willkommenstafeln der Stadt Bozen an ihren Zufahrtsstraßen: Jedes Mal, wenn ich darauf schaue, und auch den ladinischen Willkommensgruß lese, wird mir klar, ja richtig, die Ladiner! Denn die Welt, liebe Frau Rosenfeld, ist keineswegs nach Ihrem einfachen Strickmuster gearbeitet, auch in Deutschland nicht, übrigens. Aber das bemerkt halt nur, wer sich mal rauswagt, aus der eigenen, engen Ecke.
In diesem Sinne: Ein unbedingtes JA zu weiblichen Sprachformen, und ein unbedingtes NEIN zum generischen Maskulinum.
(*) In meinem letzten Angestellten-Verhältnis (wohlgemerkt: an die 20 Jahre ist das her) hatte ich eine Direktorin, die irgendwann anfing, ihre Briefe mit „Anna Luce, Direktorin“ zu unterzeichnen, statt mit dem bis dahin üblichen „Anna Luce, Direktor“, was mich veranlasste, ihr nahezulegen, sie solle das doch besser lassen, das sei unsouverän, jeder Mensch sähe doch an ihrem Namen, dass sie eine Frau ist. Ja ja. Heute weiß ich’s besser, was mich zur Vermutung veranlasst, die Frau Rosenfeld befinde sich wohl noch in dem Stadium, in dem ich mich damals befand. Und natürlich: Heute, 20 Jahre später, ist die Direktorin ganz normal. Vielleicht, wer weiß, lässt sich ja auch das Binnen-I gewöhnen.
Zündstoff… und 20 Seiten Leserkommentare unter dem #Aufschreier http://tinyurl.com/pms79h6
Vermisse deinen, am „Ort des Geschehens“, Silvia.
das geht leider nicht, ganesh, das schaffe ich nicht. ich schaff’s ja nicht einmal, mir all die Kommentare durchzulesen 😦
; ) … ein linkelein hierher?
geht das? probier ich gleich.
Ich weiss nicht ob Sie diesen Kommentar veröffentlichen werden, aber ich gehe davon aus, dass Sie Ihn lesen werden:
Über das Wort Mensch:
Das Wort ist eine Substantivierung von althochdeutsch mennisc, mittelhochdeutsch mennisch für „mannhaft“ und wird zurückgeführt auf einen indogermanischen Wortstamm, in dem die Bedeutung Mann und Mensch in eins fiel – heute noch erhalten in man.
Somit ist Mensch ein generisches Maskulinum.
PS Viel Spaß noch auf Ihren Blog. Hier sind Sie zumindest vor den bösen Platzhirschen sicher, die Sie mir Fakten und schlüssigen Argumenten quälen.
Selbstverständlich veröffentliche ich ihren Kommentar. Warum auch nicht? Ich habe kein Problem mit Menschen, oder jedenfalls nicht, nur weil sie männlich sind; ich habe auch kein grundsätzliches Problem mit „Platzhirschen“, nicht einmal mit „bösen“ (hä?), und mit dem ganzen Rest wie bei ihnen habe ich auch kein Problem. Ob sie’s glauben oder nicht: Sie überschätzen sich. Sie – und auch die anderen „Platzhirsche“ nicht – sind nicht der Grund dafür, dass ich auf salto nicht mehr veröffentliche. Ich vermisste anfangs sogar ihre „Fakten und schlüssige Argumente“. Aber jetzt haben sie mich ja gefunden.
Noch etwas was ich befrendlich finde: Sie setzen sich gegen den generischen Maskulinum ein, aber am Anfang Ihres Blogs steht: „Autor: Silvia Rier“. In diesem konkreten Fall ist „Autor“ auch ein generisches Maskulinum, den Sie selbst verwenden.
Zumindest bin ich froh dass das nicht der Grund ist, weil ich sonst ein bischen von Ihnen entäuscht gewesen wäre. Ich glaube aber nicht mich zu überschätzen. Es gibt einfach keinen guten Grund auf einmal nicht mehr auf salto zu veröffentlichen und das ist für mich der naheliegenste Grund.
@ gen. mask.: ja. sie haben recht, es gibt (noch) viel zu tun. alles auf einmal wird wohl nicht gehen, aber die hauptsache ist ja, es geht voran (diesen eindruck habe ich). in sachen „autor“: vielleicht schreibe ich mal zwei zeilen an wordpress, dass das doch bitte angepasst werden möge (danke für den hinweis. wär mir gar nicht aufgefallen. die macht des gewohnten, und die scherze, die sie uns spielt). in sachen „guter Grund“: glauben Sie mir gern: der sind Sie nicht, und auch sonst keiner von den „(bösen) platzhirschen/männern“. vllt kommen sie ja selbst drauf, was für mich ein guter Grund ist (der das für sie natürlich nicht sein muss, und auch für sonst niemanden. es reicht völlig, dass er es für mich ist). mit ihren logisch-kombinatorischen fähigkeiten. nicht zuletzt bin ich froh, dass Sie nicht von mir enttäuscht sein müssen. das hätte mich betrübt.