Ich wollte mir neulich bei Rai Südtirol das „Pro und Contra“ ansehen, zum „heißen Thema Prostitution“. Was an dem Thema heiß sein soll, hat sich mir trotz intensiven Grübelns noch nicht erschlossen, aber der Moderator wird’s schon wissen. Ich bin vielmehr der Meinung, Prostitution ist eines der ergiebigeren und wichtigsten Themen in Gleichstellungsbelangen, weil es die Machtverhältnisse so wunderbar deutlich aufzeigt (davon wollte aber der Moderator wohl nichts wissen). Ich habe es dann leider nicht geschafft, die Sendung „live“ zu verfolgen, was aber ja heutzutage kein Problem mehr ist. Auch Rai Südtirol hat mittlerweile eine Mediathek, zum Nachschauen, für die Verhinderten wie mich. Das nun hatte ich mir für gestern vorgenommen, kam aber nur bis etwa zu Minute sechs. Da musste ich abschalten, ich hab’s nicht mehr ertragen.

Denn das Thema wurde, einmal mehr und wie eigentlich immer – interessant! oder? – nur und ausschließlich von der Frauenseite her ausgeleuchtet und besprochen. Lediglich Frau Foppa hat sich gleich zu Anfang einen kleinen Ausreißer „erlaubt“; er war leider zu klein, als dass er das Gespräch in jene andere, einzig zielführende Richtung hätte lenken können, nämlich auf die Seite der Nutz(nieß)er, und mithin der Männer. Frau Mair hingegen war es vorhersehbar wichtig, ihre weit überwiegend männlichen Wähler nicht zu vergrätzen. Da scheinen ihre Vorschläge zum Thema stimmig und kohärent: Alles sollte so sein, dass Mann es schön sicher, sauber, und bequem hat. Die Prostituierten profitieren davon auch, schon klar, aber damit ist noch lange keines der Probleme gelöst.

„Verrichtungsboxen“ (spontane Assoziationen?) stellt man sich also bei den Freiheilich*innen vor, und Bordelle, in denen beide Seiten gleichberechtigt Eintritt bezahlen, und ja, so geht wohl Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, bei den Freiheitlich*innen. Ein Berufsbild für die Prostituierten würde Frau Mair sich dann noch wünschen, in der modernen Welt nach freiheitlichem Zuschnitt, damit die Damen auch korrekt ihre Steuern abführen und so endlich gesellschaftliche Anerkennung finden könnten. Denn wer Steuern zahlt, ist ein geachtetes Mitglied der Gesellschaft (gar nicht selten ist’s gerade umgekehrt, aber das nur nebenbei). Mit einer derartigen beruflichen Aufwertung würde allerdings unweigerlich eine Erhöhung der Tarife einhergehen – ich weiß nicht, was Frau Mairs männliche Wähler davon halten würden. Nicht zuletzt setzt natürlich, meine ich, jedes geregelte Berufsbild eine geregelte Ausbildung voraus. Vielleicht wird ja in Kürze unser aller Landtag so etwas ausarbeiten, also das Berufsbild, und den entsprechenden Bildungsweg. 

Das alles sind aber, noch einmal, die peanuts zum Thema, nett, aber völlig irrelevant. Die große Debatte, die notwendige Debatte, wird gar nicht erst geführt, dank dieser Scheindebatten. Man arbeitet das Thema an diesen und anderen „peanuts“ ab, und mogelt sich auf diese Weise an der notwendigen Diskussion vorbei. Remember? Jackson Katz? „Die Mächtigen, die ungeprüft weitergehen„?

Denn Tatsache ist: Die Männer, die maßgeblichen Protagonisten, bleiben von der Diskussion völlig unberührt, fast so, als hätten sie überhaupt nichts, oder nur marginal, mit diesem Geschäft zu tun. Dabei gäbe es ohne sie diesen Markt überhaupt nicht, auch kein Sicherheits- oder Gesundheitsrisiko – kurz: Wo keine Ursache, da kein Problem. Man lenkt also die Scheinwerfer auf die Marginalien, zeigt sich dazu ein bisschen einsichtig und stellt auf diese Weise sicher, dass sich nichts Grundlegendes ändert, und jedenfalls nichts, das einem zum Nachteil gereichen könnte. Doch selbst dabei, bei diesen Marginalien, wird so getan, als ginge all das nur die Prostituierten etwas an, werden diese Themen nur und ausschließlich an den Frauen abgearbeitet. Dabei wäre es doch viel logischer – Verursacherprinzip! – das Thema  von der anderen Seite her anzugehen, der Männer- oder Freierseite: Wie wär’s, nur mal so als Beispiel schnell dahingedacht, mit einem „Patentino für Freier“? 

Das wäre doch ganz einfach: Wie beim Führerschein hätte Mann eine Prüfung abzulegen, und dabei viele kluge Fragen zu beantworten, über die Hintergründe der Prostitution, Ausbeutung, Menschenhandel, Dumping-Preise, Sklaverei, Gesundheits- und Sicherheitsfragen und dergleichen mehr, bis zum mehr oder weniger bitteren Ende. Diesen „Ermächtigungsschein“ dann hätte Mann, bei erfolgreich abgelegter Prüfung, immer bei sich zu tragen, und auf Anfrage vorzuweisen – jedenfalls dann, wenn er die Dienstleistung in Anspruch zu nehmen wünscht. Wenn er das nicht kann, wird er – wie beim Autofahren (ha!) – zweitens mit einem Punkteabzug bestraft, bis, bei Wiederholungstätern, alle Punkte aufgebraucht sind. Dann ist Schluss mit lustig.

So ein Freier-Führerschein wäre doch ganz einfach, höchst effektiv, und würde vermutlich alle Probleme mit einem Schlag lösen. Wenn man das denn wollte, also die Probleme lösen, die ursächlichen.

Ja, und weil ich schon mal dabei bin, bei den gesellschaftlichen Schlagseiten und Schieflagen zum Thema Prostitution, will ich noch gern die Gelegenheit nutzen, um zwei Worte zur angeblichen und von Freiers Seite so gern vorgebrachten „Freiwilligkeit“ der Dienstleistung erwachsener autonomer Personen los zu werden. Denn diese Freier verkennen leider meist die Tatsache, dass eine freie Wahl nur dann gesichert eine solche ist, wenn mehrere gleichwertige Alternativen zur Wahl stehen. Diese gleichwertigen Wahlmöglichkeiten nun sind, gerade im Falle der Prostitution, in den allermeisten Fällen nachweislich nicht gegeben. Wo sie es aber sind (wie zum Beispiel, es steht zu vermuten, hier), stellen sich – interessant! oder? – die üblicherweise zu diesem Thema diskutierten Probleme überhaupt gar nicht – dafür aber ein anderes, und das wiegt schwer, auf Freiers Seite: Der Preis für die Dienstleistung.

Spätestens hier beißt sich die Freier-Katze noch einmal in den Schwanz, denn damit ist klar: Bei gerechten Preisen für die freiwillig erbrachte körperliche Dienstleistung wäre dieselbe für die meisten der angeblichen Prostituierten-Verteidiger (in Wahrheit verteidigen sie natürlich die Freier und die billige Dienstleistung) unerschwinglich. Sollten also vielleicht gesetzliche Mindestpreise diskutiert werden? Das würde dann allerdings bedeuten, dass der Diskussionsschwerpunkt sich vom Manne bzw. Freier und dessen  Interessen weg, und hin zur Frau, und ihren Interessen verlagern würde.

Aber das will ja keiner.

PS: Das Bild zum Beitrag wurde von google geliefert und stammt von der Seite http://www.rosalux.de

Wer jetzt noch mag – hier noch ein paar andere Gedanken zum selben Thema.

Prostituiertenmord vs. Paradigmenwechsel

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