Diese Nachricht über eine bestimme Hai-Art, deren ältester Vertreter seit unfassbaren 400 Jahren die Weltmeere durchpflügt, hatte mich schon gestern sehr fasziniert. Heute habe ich festgestellt: Nicht nur mich, denn alle großen Zeitungen (oder besser: deren Internet-Nachkommen) haben, und recht ausführlich, darüber berichtet. Das ist auch kein Wunder, kommt doch ein menschliches, so kurzlebiges Ich schon beim Gedanken daran – 400 Jahre leben (was macht das, mit einem?!) – ins Trudeln.

Die Idee wird nur fassbar, meine ich, wenn man beim Gedankentrudeln kurz innehält, und zum Beispiel zu bedenken gibt, dass diese Über-Lebewesen ja vermutlich kein Zeitgefühl haben, kein Gestern, kein Morgen, kein Garnichts – nur das Jetzt. Anderenfalls wäre ein vielhundertjähriges Leben wohl kaum zu ertragen.  Ja, vielleicht ist, wer weiß, ein so langes Leben ja überhaupt nur möglich, und erträglich, wenn man einfach nur ist, und sich strikt auf dieses Einfach-Sein zurücknimmt.

Was mir übrigens eine andere, entfernt verwandte Begebenheit in Erinnerung ruft,  eine Beobachtung, die mich auch fasziniert und jedenfalls sehr beeindruckt hat (wenn auch nicht ganz so sehr wie ein vierhundertjähriger Hai) und zwar so:

An einem der wenigen heißen Tage dieses unbeständigen Sommers kam ich auf einem meiner Wege an einer Pferdekoppel vorbei, in der ein Pferd regungslos im Schatten des einzigen Baumes stand. An dem Tier bewegte sich nichts, bis auf seinen Schweif, der – schläfrig auch er – ein paar aufdringliche Fliegen von seinem Besitzer fernhielt.

Im Schatten dieses Pferdes stand, ebenso regungslos, ein kleines Pony.

Ich blieb einen Moment bei den beiden stehen, gebannt von ihrer Regungslosigkeit: Wie die das bloß machen, habe ich mir gedacht, einfach so vor sich hin stehen, und nichts tun, einfach gar nichts tun, nur sein, ein Pferd im Sommer im Schatten eines Baumes. So möchte man das doch auch können, habe ich mir gedacht, einfach nur sein, nichts tun, nichts wollen, nichts denken. Einfach nur sein.

Ja.

Und als ich nach etwa einer Stunde auf meinem Rückweg an derselben Pferdekoppel noch einmal vorbei kam, standen die beiden – das Unfassbare ist immer noch weiter steigerbar – an derselben Stelle, in derselben Position, völlig regungslos. Nur der Schweif des Pferdes verscheuchte träge ein paar hektische  Fliegen.

Vielleicht also, mein Fazit, wäre es einem langen – und guten – Leben dienlich, wenn man und frau hin und wieder sich einfach mal auf schlichtes Sein einlassen könnte, ohne Gestern, ohne Morgen, ohne Wenn und ohne Aber. Einfach nur sein.

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