Auf ARTE sah ich neulich diesen kleinen Film hier:
http://www.arte.tv/guide/de/051091-011/x-enius?autoplay=1
Er berichtet über die so genannte „geplante Obsoleszenz“, ein Thema, das seit Kurzem auf der Agenda einiger Zeitungen und Zeitschriften und über sie ein bisschen in die tiefere Gesellschaft vorgedrungen ist. Ich persönlich halte es ja für durchaus glaubwürdig, dass die großen Unternehmen, die, die die Welt beherrschen, es darauf anlegen, dass ihre Produkte frühzeitig unbrauchbar werden. Wie sonst sollten sie auch die Umsätze zu generieren imstande sein, die sie zweifelsohne benötigen, um ihre enormen Strukturen am Leben zu erhalten? Irgendwie müssen die Laufbänder des Konsums ja angetrieben werden, und nur mit Werbung allein ist das wohl nicht (mehr) zu schaffen.
Wenn ich jetzt aber einmal kurz absehe, von diesem Betrug an der Gesellschaft und am Kunden, denn um nichts weniger als Betrug geht es doch, dann zeigt sich m. E. noch etwas anderes: Dass nämlich die so genannte „Wirtschaft“ 1. über alle Maßen aufgeblasen ist und wie sie 2. nur noch mit Hilfe künstlicher Beatmung und zahlloser lebenserhaltender Schläuche überhaupt existieren kann. Über kurz oder lang wird das Ganze wohl explodieren, im bestmöglichen Fall implodieren. Wer den Schaden davon tragen wird, darüber bin ich mir nicht ganz sicher, aber mein Bauch sagt, die Bevölkerung ist es nicht.
Jedenfalls, wie ich so darüber nachdachte, über den Film wie oben, und die neu oder wieder entdeckte Kultur des Reparierens (denn diese ist für mich seine wahre Botschaft), da also habe ich mir gedacht, dass wir hier herunten, die wir viele sind, denen dort oben, die sie wenige sind, doch ein Schnippchen schlagen und ihr zynisches Spiel einfach nicht mitspielen könnten?
Wie’s zum Beispiel die Leute in den Repair Cafés machen, oder diese beiden hier, von iFixit. Oder die Leute im HEI im München.
Denn was die Wirtschaftsleute „Innovation“ nennen, ist in Wahrheit und in den meisten Fällen schon längst keine solche (mehr), weil sie nur am bestehenden System, das sich ja als grundsätzlich nicht mehr tauglich erwiesen hat, herum-verbessert (verschlimmbessert, habe ich neulich gelesen, eigenartiger Ausdruck, aber hier passt er, finde ich), oder, um es mit den Worten von Shoshana Zuboff, die als Sozialpsychologin an der Harvard Business School lehrt und forscht, zu sagen: Ich denke, dass Innovationen nicht reichen, denn sie sollen nur ein überlebtes System reparieren. Was wir brauchen, sind Mutationen. Die Mutation in diesem Falle wäre ein Kulturwandel, um nicht Paradigmenwechsel zu sagen, und lautet: Weniger kaufen, mehr reparieren. Gewinner wären jene, die zur Zeit die Verlierer sind, und umgekehrt.
So, und jetzt darf ich bei dieser Gelegenheit noch anmerken, wie ultimativ vorgestrig aus dieser Sicht die Kaufhaus-Fantasien eines gewissen Herrn Benko aus der größeren und eines gewissen Herrn Oberrauch aus der engeren Unternehmerwelt, aber auch der Stadt Bozen doch sind: Denn was ist, man sage mir, heutzutage weniger innovativ als ein Shopping-Center – und sei es für uns Bauerntölpel noch so sehr in ein gefälliges und modern anmutendes, aber doch ultra-abgelutschtes „Erlebnis“-Mäntelchen gekleidet?
Und was gibt es, man sage mir, in Bozen und/oder nahe gelegenen Städten – Mailand, München, Verona, Venedig, sie alle sind doch nur einen Katzensprung entfernt – nicht zu kaufen, das ein Herr Benko und/oder ein Herr Oberrauch in einem neuem Shopping-Center, das ja übrigens nicht einfach wieder abgebaut werden kann, wenn’s keinen Spaß mehr macht, bieten könnte? In Zeiten überdies, in denen uns Konsumenten an jedem Ort der Welt das Internet als grenzenloses Shopping-Center zur Verfügung steht? Die Shopping-Malls sterben in den Vereinigten Staaten, ihrem Geburtsort, ja wohl nicht umsonst einsame Tode.
Und, vor allem, sage man mir: Was ist, im Jahre 2014, weniger sexy als ein Shopping-Center?
Aber: Derweil ein Shopping-Center, wie es in jeder beliebigen Stadt genauso zu finden ist, nichts, aber auch wirklich gar nichts mit uns zu tun hat, ist doch gutes, ehrliches Handwerk ein dominierender Bestandteil der Südtiroler DNA, einer zudem, derer wir uns gerne rühmen. Daraus sollte doch was zu machen sein? In Sachen Innovation? Aber nicht nur?