À propos „Familie“

Das gehört hier jetzt zwar nicht im strengen Sinne zu „Frauensachen“, aber ich schlage vor, wir sehen das jetzt mal ein bisschen locker, und also hier und heute, was mich (auch) schon seit einem Weilchen beschäftigt. Außerdem ist, was ich hier sagen möchte, doch eher eng verwandt mit meinem letzten Beitrag (Die Frau? Bloß nicht zu unabhängig), weshalb ich die „Bombe“, um die es hier geht, nicht länger mit mir herumtragen und sie in unsere kleine und vielleicht ein bisschen enge Welt entlassen will (mal schauen, was passiert). Es geht um einen  Zeitungsartikel, der aus der (eher konservativen, wenn ich recht informiert bin) Schweiz kommt, und dort von der (eher konservativen, wenn ich recht informiert bin) NZZ oder auch „Neue Zürcher Zeitung“.

Als ich über diesen Artikel stolperte, ein Weilchen ist es schon her, traute ich erst mal meinen Augen nicht und glaubte an eine Sinnestäuschung oder einen gut getarnten, verspäteten Aprilscherz. Ehrlich! Ein bisschen glaube ich das übrigens immer noch, denn was dieser kleine Text erzählt, ist so über die Maßen ungewöhnlich bis radikal, dass er fast schon unglaubwürdig ist.

Er kommt, vielleicht mit Absicht, erst Mal eher schmalspurig daher, mit dem Titel „Das Land der Ledigen„. Das wäre nichts Besonderes, und hätte mich kaum ein zweites Mal hinsehen lassen, wenn nicht dem Wort „ledig“ immer noch ein altbackener Geruch von „übrig geblieben“ anhaften würde – er hat doch viel von einem  ältlichen Fräulein, oder?! – und ich also neugierig war, in welchem Zusammenhang es gewählt worden war. Das „ledig“ würde ich übrigens abschaffen, nein, nicht den Zustand, nur das Wort für ihn, aber wenn ich so drüber nachdenke, fällt mir keine passende Alternative ein. Das wäre ja vielleicht auch mal eine Aufgabe, moderne Worte zu finden für alte Zustände.

Aber jetzt zum Text, den ich meine – wird aber auch Zeit ! – und in dem es darum geht, dass in der Schweiz mehr Ledige als Verheiratete leben, was dem Justizdepartment des Bundesrates Grund genug war, darüber nachdenken zu lassen, dass und wie das Schweizer Familien(!)recht revidiert werden sollte. Die Chefin des Justizdepartements gab also ein entsprechendes Gutachten in Auftrag, an die Basler Privatrechtsprofessorin Ingeborg Schwenzer (viele Endungen auf -in, fällt mir gerade auf, in dieser Sache). Frau Schwenzer wiederum machte sich an die Arbeit, förderte Erstaunliches zutage und hielt mit diesem Erstaunlichen kein bisschen hinter dem Berg, Eidgenossen konservativ oder nicht. Denn ich mag, ehrlich gesagt, lieber nicht daran denken, wie diese, also die ganz normalen konservativen Eidgenossen, die, die zum Beispiel keine Moscheen dulden wollten in ihrem Land, sie aufnehmen werden, diese Vorschläge der Privatrechtsprofessorin,  die da unter anderem meint, dass das „Verbot der polygamen Ehe verhandelbar“ werden wird“.

Die Ehe selber ist bei dieser Betrachtung bloss noch eine Form einer Lebensgemeinschaft, weshalb sich auch der Staat nicht mehr unnötig in ihre Gestaltung einmischen sollte. Das Gutachten schlägt daher vor, bestehende Ehehindernisse abzubauen: Auch Homosexuelle sollen heiraten dürfen, zu diskutieren sei gar die Ehe zwischen Halbgeschwistern oder mit mehreren Partnern. «Verhandelbar wird auch das Verbot polygamer Ehen werden, auch wenn es bis heute fest in christlich-abendländischer Tradition verankert ist», heisst es. Ganz zur Abschaffung empfohlen wird die obligatorische Zivilehe. Sie besagt heute, dass sich ein Paar zuerst zivil trauen lassen muss, bevor es eine religiöse Eheschliessung eingehen darf.

Die Antwort des Schweizer Bundesamtes? Ist so schlicht wie deutlich: „Die thematisierten Fragen sind sowohl in gesellschaftlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht von großer Bedeutung», schreibt das Bundesamt für Justiz. «Sie genießen im EJPD hohe Priorität.»

http://www.derstandard.at schlägt übrigens in dieselbe, wenn auch ein bisschen weniger radikale Kerbe, wenn er (be-)schreibt, dass „Konservatives Familienbild ist nicht mehr mehrheitsfähig„.

Wirklich, mich wundert, dass unsere Erde noch nicht erbebt ist (hat wohl noch niemand etwas mitbekommen, von dem, was in der großen, weiten Welt da draußen so vor sich geht).

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