Warum Frauen keine Frauen wählen (ein Versuch)

In diesen letzten Tagen wurde die Frage, warum Frauen nicht Frauen wählen, vermehrt vor mein Bewusstsein gespült, keine Ahnung woher und warum, aber das spielt ja auch gar keine Rolle. Tatsache ist, dass sie wohl schon seit vielen Jahren in den dunklen Höhen meines Bewusstseins schlummert, vermutlich seit damals, meine Tochter war noch klein und es muss also schon weit über zehn Jahre her sein, als eine Bekannte mich empört zurecht wies, dass „wir Frauen schon Frauen wählen müssen“. Ich sehe mich noch heute, wie ich innerlich zusammen zuckte und meinerseits ziemlich empört in mich hinein dachte, so ein Schmarrn, das ist doch kein Argument, denn natürlich wähle ich Frauen nicht, „weil sie Frauen sind“, und auch nicht, weil „Frauen Frauen wählen (müssen)“. Die Frauen, die ich wählen will, müssen meine Interessen vertreten, dort ganz vorne, und bitte möglichst erfolgreich.

Seit damals ist viel gutes Südtiroler Wasser gen Süden geflossen, und grüble ich, mal mehr, mal weniger, über der großen Frage, warum Frauen nicht Frauen wählen. Und je mehr ich übrigens darüber nachdenke, desto mehr komme ich zum Schluss, dass diese Frage eine ganz große Frage ist, eine, die wir besser schnellstmöglich klären, denn so viel ist gewiss: Wenn Frauen Frauen wählen, so richtig heftig, dann hat das umwälzende Auswirkungen auf unsere Gesellschaft – und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit überaus positive Auswirkungen (http://diestandard.at/1392687411139/Geht-es-den-Frauen-gut-steigt-die-Demokratisierung).

Jedenfalls kam mir gestern, aus heiterem Himmel und keine Ahnung woher, ein Verdacht, und der ging so: Vielleicht wählen wir uns selber nicht, weil wir an der bzw. in die Öffentlichkeit vor allem – nicht nur, schon klar, aber doch überwiegend – Schwäche signalisieren? Oder zumindest sind doch die (Frauen-)Themen, die uns vorwiegend in der Öffentlichkeit und auf recht breiter Ebene immer wieder begegnen und diskutiert werden, Themenkreise, die unser Geschlecht jedenfalls nicht als „winning“ darstellen.

Spontan fallen mir ein: Die „klassischen“ Frauenthemen wie „Gewalt gegen Frauen“ (Frau = Opfer). „Equal Pay Day“ (Frau = Opfer). „Frauenhandel“ (Frau = Opfer). „Prostitution“ (Frau = Opfer).

Und dann sind da natürlich noch all die Bereiche,  in denen Frauen „sich abstrampeln und abmühen“, ohne richtig vom Fleck zu kommen (wobei die Gründe dafür an dieser Stelle eher unerheblich sein dürften); auch hier wird doch insgesamt ein eher negatives Frauenbild vermittelt und was „rüber-“ und in der Gesellschaft = bei den Wählern „ankommt“ ist: „mäßig bis gar nicht erfolgreich“. Also nicht unbedingt das, was Greta und Otto Normalverbraucher sich von ihren politischen Vertretern wünschen.

Das heißt jetzt natürlich nicht, dass wir – gesetzt den Fall, ich läge mit meiner Vermutung auch nur einigermaßen richtig – diese Themen und das Unrecht, unter dem Frauen in aller Welt immer noch  zu leiden haben, nicht (mehr) thematisieren sollen. Wir müssen es sogar unbedingt thematisieren.

Aber nicht nur, nicht immer, und nicht überwiegend. Vielleicht müssen wir nur einfach die Verhältnisse umkehren und unser – und damit der Gesellschaft – Augenmerk vornehmlich auf unsere Erfolge lenken, auf unsere eigenen und die Erfolge unserer Geschlechtsgenossinnen.

Da gäbe es viel, sehr viel zu erzählen und ich fange hier bei mir einmal an damit:

http://diestandard.at/1392687253808/Erstmals-Frau-an-Spitze-einer-Bank-in-Saudi-Arabien

http://d.repubblica.it/attualita/2014/02/24/news/donna_alfa-2025410/

NB: Und natürlich werden wir uns, wenn wir wirklich breit ankommen wollen in den Regierungen dieser Erde, auch mit jenen Themenkreisen auseinander setzen und sie uns „aneignen“ müssen, die nicht „als klassisch weibliche Themen“ gelten. Aber das ist eine andere Geschichte.

NBB: Ich hätte meinem Text gern ein Bild angefügt, zu welchem Zwecke ich „strong women“ (zuerst) „starke Frauen“ (gleich danach) unter „Bilder“ gegoogelt habe. Das Suchergebnis spricht Bände – wäre auch mal eine Untersuchung wert.

Nachtrag, 8. März und: Good News!. Die „Lean in Collection“ von Getty Images zeigt exakt die Bilder starker Frauen, wie ich mir gestern eins gewünscht hätte: http://www.gettyimages.de/creative/frontdoor/leanin

2 Kommentare

  1. Das ist ein extrem wichtiges Thema, finde ich! Und die Überlegung mit der in der/in die Öffentlichkeit signalisierten Schwäche halte ich nicht für falsch.

    Ich glaube, dass da ein historischer Faktor mitspielt: Die Geschichte ist männlich dominiert, das heißt, unser Geschichtsverständnis ist männlich dominiert: Geschichte ist die Geschichte großer, wichtiger Männer/Herrscher usw., die auch von Männern aufgeschrieben wurde. (Ich gebe zu, dass das gegenwärtig nicht mehr stimmt, aber das allgemeine, breite Verständnis erscheint mir immer noch dieses zu sein)
    Frauen, die Geschichte schreiben (Geschichtsschreiberinnen und in der Geschichte vorkommen), sind eher rar und gegenwärtig noch vor allem Untersuchungsgegenstand der Frauen- oder Geschlechtergeschichte, nicht aber der allgemeinen Geschichte. Unter anderem aus diesem Grund fehlt es uns an Vorbildern, an Vorreiterinnen – nicht weil es sie nicht gab, sondern weil ihre Namen uns nicht geläufig sind, weil sie verschwiegen werden.

    Was das Wählen angeht: Frau sein ist noch kein Programm, um es plakativ zu sagen. Aber beispielsweise das Vorzugsstimmensystem ermöglicht es schon, Frauen wie auch Männer zu wählen. Ich wähle keine Frau, weil sie eine Frau ist – aber umgekehrt stellt sich mir die Frage: Wie oft wird frau NICHT gewählt, weil sie eine Frau ist? Unabhängig von ihrer Kompetenz und ihren Fähigkeiten?

    Ergeben die Überlegungen Sinn? Nur so als Gedankenexperimente?

    1. Hier schau mal, ganz schnell, in Sachen „historischer Faktor, Geschichtsforschung, was lehrt uns die Geschichte usw. usf.“ eine Beitrag aus der Schweiz, der mich maximal fasziniert hatte und es nach wie vor tut: Wie anders unsere Welt doch aussähe und wir sie vermutlich wahrnähmen, wenn die Geschichts-Schreiber nicht über die Frauen, die Geschichte mach(t)en, so radikal hinweg pflügten. Wäre ein schönes Projekt für unsere Landesregierung, mal was anderes, spannendes 😉 Die weibliche Seite der Südtiroler Geschichte.

      http://www.srf.ch/sendungen/sternstunde-philosophie/frauen-in-der-fruehen-schweizer-geschichte

      Den Rest lasse ich jetzt erst nochmal ein wenig sacken, und dann komme ich gern nochmal darauf zurück.

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