Heer mit Familie? Oder gar kein Heer?

„Da cosa nasce cosa“, wie’s bei uns so schön heißt, und also habe ich auf meinen gestrigen Beitrag über die Verweiblichung der deutschen Bundeswehr bzw. die Intention der deutschen Verteidigungsministerin, letzteres familienfreundlich/er zu gestalten, ein paar Reaktionen bekommen, die mich beschäftigen. Da war zum einen der Tipp zu einem Buch, nach dem ich – wie auch nicht – sofort suchte, und es u. a. als Hörbuch auf YouTube fand (Hörbuch ist über die Maßen praktisch!). Ich stelle es hier ein, weil ich sehr viel weniger eine Anleitung zum Krieg heraushöre, sondern vielmehr, dass der beste Krieg immer noch der ist, der vermieden wird, und dass Krieg keineswegs die „Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln ist“.

Eine fb-Bekannte hingegen war überhaupt nicht meiner Meinung, dass die Aktion der Frau von der Leyen positiv zu werten sei, im Gegenteil meint/e sie,  auf diese Weise würde das Heer = Krieg =  Mord und Totschlag „mitten in die Gesellschaft getragen“, mit u. a. dem Zweck, die Gesellschaft daran zu gewöhnen, dass Männer und Frauen in den Krieg ziehen. Daran jedoch ist die Gesellschaft längst „gewöhnt“, und zwar gänzlich ohne familienfreundliche Heere und Kinder in den Kasernen. Ungewohnt hingegen ist der Gedanke an „Militär + Familie“, und ich bin durchaus der Meinung, dass mehr „Familie“ im Heer zur Entschärfung und einem großflächigen Umdenken innerhalb des letzteren beitragen kann, nicht nur, weil stets Ungewohntes hohes Aufrüttelungspotential hat. Da cosa nasce cosa, wie gesagt.

Irgendwo muss ja mal angefangen werden. Eine Abschaffung des Militärs, wie besagte fb-Bekannte sich das denkt, ist zweifelsohne ein sehr schöner Gedanke, aber doch eher gänzlich illusorisch, zum aktuellen Zeitpunkt, unter den gegebenen Umständen, in einem überschaubaren Zeitrahmen. Das mag bedauerlich sein, und ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft, aber: So ist es. Wenn alle Länder ohne Militär wären, dann hätten wir vermutlich Frieden. Aber: Ein Land ohne und viele Länder mit Militär – das hieße wohl ziemlich unweigerlich: Krieg. Ich finde also den Gedanken an ein entmilitarisiertes – und in diesem Zustand isoliertes – Deutschland oder Italien oder auch Europa gar nicht erfreulich, ich mag vielmehr überhaupt nicht daran denken, was los wäre, wenn plötzlich ein mächtiges Land (und nicht irgendein „No Name“) wie z. B. Deutschland auf sein Militär und militärische Strukturen im Sinne der „Verteidigung“ verzichten würde. Eigentlich macht mir dieser Gedanke noch mehr Angst wie der Gedanke daran, dass jedes Land sein Heer hat. Allerdings: Die Aufgaben des Militärs, dessen Wirkungskreis und Wirkungsgrad, sein Potential und Stellenwert in der Gesellschaft und im Staat – daran kann gearbeitet werden. In welchem Sinne mehr mächtige Frauen (auch) an der militärischen Macht sehr hilfreich sein könn(t)en.

Und je mehr ich darüber nachdenke, desto stärker gelange ich zur Überzeugung, dass mehr „Familie“ in den Heeren und mehr Kinder in den Kasernen letztendlich stärker zur Entmilitarisierung bzw. Befriedung unserer Welt beitragen können als die Forderung nach einer Abschaffung der Heere und Militäre und Bundeswehre; dass Kinder in den Kasernen keineswegs ein „Ui da spielen ja Kinder, also muss Krieg harmlos sein“ nach sich ziehen, sondern vielmehr das Gegenteil bewirken werden: Überall dort, wo „Familie“ einen hohen Stellenwert genießt, und wo Kinder, die eigenen und die der anderen, auch im Alltag stark präsent sind, da werden „Krieg“ und „Töten“ einen schweren Stand haben. Und je intensiver nicht zuletzt Männer sich mit Familie und Kindern auseinander setzen, je mehr und je intensiver sie sich für diese Familie nicht nur im materiellen, sondern auch im emotionalen und praktischen Sinne verbunden und verantwortlich fühlen, desto weniger dürfte noch Platz übrig bleiben für kriegerische Anwandlungen.

Übrigens: Wie verwegen ist die Annahme, dass  Hand in Hand mit der Emanzipierung der Frau und der daraus resultierenden stärkeren Einbindung des Mannes in den Alltag seiner Familie auch die gesellschaftlichen Vorbehalte gegenüber kriegerischem Säbelrasseln und militärischen Aktionen zuzunehmen scheinen? Dass viel stärker nach unmilitärischen Wegen gesucht wird, seit Väter viel mehr solche und viel weniger nur Ernährer sind? Darf ich glauben, dass ein „weicher“ Barack Obama mit seiner „starken“ Frau an seiner Seite sehr viel weniger Lust hat an Kriegsspielen als der „harte“ Putin?

Ich weiß es nicht, aber ich glaube fest daran, dass Veränderung nicht möglich ist, wenn Veränderung nicht ermöglicht wird: Wenn die Vorzeichen die gleichen bleiben, kann vielleicht der Weg ein anderer werden – unter dem Strich wird das Ergebnis das gleiche bleiben.

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