Das Heer, familientauglich

Darauf kann wohl nur eine Frau kommen: Die urmännliche Domäne „Bundeswehr“ familienfreundlich – jawoll! – umgestalten zu wollen, und zwar recht konsequent, inklusive Kinderbetreuung in den Kasernen. Zwar kann ich mir nicht wirklich vorstellen, wie kinderfreundlich so eine Kasernenatmosphäre wohl sein kann, aber ich denke, auch daran ließe sich arbeiten, in Folge, und profitieren würden wohl alle davon, von Kasernen, die auch in Kinderaugen als angenehmer Ort bestehen können. Jedenfalls habe ich erst Mal kräftig gestutzt, als mich heute früh auf ZEIT ONLINE dieser Titel geradezu ansprang:

Von der Leyen will familienfreundliche Bundeswehr

Bundeswehr? Familienfreundlich? Dabei wär’s doch ganz logisch: Nicht erst, seit (auch) Frauen bei den Heeren dieser Erde dienen (dürfen), dürfte die Mehrheit der dort beschäftigten Menschen Familie haben, und zwar trotz der Tatsache, dass diese Mehrheit der männliches Spezies angehörig ist. Bloß scheint bisher niemand daran gedacht zu haben, und also stelle ich mir vor, dass Mann (Frau auch) bzw. seine Familie mehr oder minder still vor sich hin litten, weil beim Bund oder beim Heer oder überhaupt unter Männern das halt so ist: Da wird nicht gejammert, da wird nicht geheult, und „Familie“ ist nun mal keine klassische Männerdomäne, sondern Sache der Frau, die für das Zuhause und das Drumherum zuständig ist, während der Mann fremde Länder erobert und Heim und Herd verteidigt. Schon klar, im richtigen Leben ist das inzwischen nicht mehr ganz so, in vielen Köpfen derweil herrscht immer noch und trotz allem dieses Ur-Maß, und zwar mit Macht. Daran konnten auch die im Heer dienenden Frauen wenig ändern – „Heer“ = männlich.

So oder sehr ähnlich dürfte das also gewesen sein – bis die neue Frau Verteidigungsministerin kam. Zwar wird ihr dieser Vorstoß in bis dato unbekannte Gefilde einer Männerhöhle, wie die Bundeswehr das ist, aber auch der Männerhöhlen darüber hinaus (man enthalte sich die User-Kommentare zu dem ZEIT-Artikel nicht vor…), nicht gerade einen Haufen neuer Freunde und begeisterter Follower bescheren, und wahrhaftig: Sogar in meinem Bauchraum scheinen sich die beiden Ideen, die vom Heer und die von der Familienfreundlichkeit, erst Mal nicht recht verbinden zu wollen – da reibt sich was, nicht wahr, irgendetwas will da nicht mit.

Und doch, kaum hat der Kopf sich zu Wort gemeldet und dem Bauch die Führung streitig gemacht, ist auch schon klar, dass selbstverständlich die Heere dieser Erde familienfreundlich/er werden müssen, oder haben etwa deren Mitglieder, und seien sie noch so männlich, keine Familie? Oder sollen sie etwa, Priestern gleich, „nur einem Herrn dienen“ und keine haben dürfen? Wer wollte dann noch zum Heer? Und nachdem das also so ist, nachdem sich also „Heer“ und „Familie“ keineswegs voneinander trennen lassen, und nachdem nicht zuletzt selbstverständlich auch die Familien der Frauen und Männer, die sich – aus Lust, aus Frust, aus Überzeugung oder warum auch immer-, in den militärischen Dienst ihres Staates stellen, ein Recht haben auf ihre Familien, und ihre Familien ein Recht haben auf sie, ist es unvermeidlich und absolut richtig, wenn (auch) Heere familienfreundlich werden.

Vorausgesetzt natürlich, die Welt einigt sich darauf, dass so etwas wie Heere überhaupt (noch) gebraucht werden.

Ich persönlich glaube, die Initiative der Frau von der Leyen wird Folgen haben, weit über das deutsche Bundesheer hinaus, und vielleicht gar zu dem – warum nicht – Paradigmenwechsel beitragen, auf den unsere Gesellschaft schon so lange warten musste und den sie so bitter nötig hat: Nämlich zu erkennen (manchmal auch, zu akzeptieren), dass Familie das Recht und die Pflicht beider Elternteile ist, dass „Familie“ den Vater genauso braucht wie die Mutter, und dass keineswegs deren jeweilige Rollen festgefügt und fix zugeteilt sind.

Und übrigens ist dieses vom familientauglichen Heer ein wunderbares Beispiel dafür, wie sich unsere Gesellschaft verändert, wenn Frauen „das Sagen“ haben, und ganz besonders, wenn sie dieses Sagen dort haben, wo bisher männliches Sagen und Gehabe dominierten. Die Welt braucht die Frauen, sie braucht sie überall und ausnahmslos und vielleicht braucht sie sie in „männlichen“ Domänen ganz besonders; und nein, ich würde gar nicht sagen wollen, wer letztendlich mehr davon profitiert, wenn mehr Frauen mehr Macht haben, die Dinge des Lebens zu gestalten, (auch) nach ihren Vorstellungen und weiblichen Maßstäben.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist (fast) jedes Mittel recht, selbstverständlich auch: Quote.

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