Immer, wenn es auf Weihnachten zu geht, fällt mir diese kleine Geschichte ein, die mir mein Vater einmal erzählt hat. Er war ein kleiner Bub, damals, die Mitte des letzten Jahrhunderts war noch fern, es war die Zeit zwischen den großen Kriegen. Die Winter waren kalt, die Zeiten karg.
Schuhe vor allem waren Mangelware, was im Winter besonders schmerzte, nicht nur im übertragenen Sinne. Übergroße Pein verursachte dieses Fehlen meinem Vater anlässlich mancher Kirchgänge, wenn der Schnee frisch und in großen Mengen gefallen war und die Füße in Schuhen steckten, denen sie längst entwachsen waren. Der Weg vom elterlichen Haus zur Kirche allein war schon eine Qual, mitnichten zu Ende, wenn endlich die große Kirchentür hinter ihm ins Schloss gefallen war: Dann galt es noch, die Messe zu überstehen, mit den schmerzenden eiskalten Füßen in völlig durchnässten, eiskalten und drückenden Schuhen auf dem kalten Steinfußboden der kalten Kirche.
Damals dauerten Messe ja übrigens noch sehr viel länger als sie es heutzutage tun, und manchmal währten sie für manche wohl ewig. (Man wundert sich ja, wie viele Menschen jene unwirtlichen Tage und Zeiten überlebt haben, in einigermaßen unversehrtem Zustand.)
Aber so war das halt, und Abhilfe oder Besserung konnte nur der Himmel schaffen, oder zumindest versprach er sie, weshalb sich also mein Vater jedes Jahr, wenn es auf Weihnachten zuging, vom Christkindl ein Paar Schuhe wünschte, weil er doch so dringend welche gebraucht hätte.
Das Christkindl aber war ein dummes und ungerechtes kleines Ding, und brachte die innig ersehnten Schuhe nie ihm, sondern stets dem Sohn des Schusters.
Was mein Vater gar nicht verstehen konnte, und was ihn heftig empörte, denn, so fragte er sich, was soll denn das für ein Christkindl sein?
So also war das damals, mit Weihnachten und der Erzählung von der himmlischen Gerechtigkeit (die scheint mir, nebenbei bemerkt, sowieso eine misslungene, verunglückte zu sein…). Bis auf ein paar Oberflächlichkeiten hat sich übrigens seither wenig verändert, meine ich: Heute wie damals werden jene reich beschenkt, die eh schon alles haben. Derweil die anderen, die, die es brauchen würden, das eine oder andere Geschenk, leer ausgehen, an Weihnachten und überhaupt.